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Glaubenssätze in der Trauer: Wenn innere Überzeugungen den Trauerprozess prägen

cs
Datum:
13. Nov. 2025
Von:
Christoph Sochart
In unserer heutigen Trauergruppen haben wir uns mit einem Thema beschäftigt, das oft im Verborgenen wirkt, aber enormen Einfluss auf unseren Umgang mit Verlust hat: Glaubenssätze.
Was sind Glaubenssätze?
Glaubenssätze sind tief verankerte Überzeugungen darüber, wie wir zu sein haben, wie die Welt funktioniert und was “richtig” oder “falsch” ist. In der Trauer beeinflussen sie maßgeblich, wie wir mit unseren Gefühlen umgehen, ob wir uns Hilfe holen und wie wir mit unserem Verlust weiterleben.
Typische Glaubenssätze in der Trauer
Viele Trauernde tragen unbewusst Überzeugungen mit sich, die ihnen das Trauern erschweren:
“Ich muss stark sein und darf keine Schwäche zeigen.” Dieser Glaubenssatz führt oft dazu, dass Menschen ihre Gefühle unterdrücken und sich isolieren, anstatt die Unterstützung anzunehmen, die sie brauchen.
“Nach einem Jahr sollte ich darüber hinweg sein.” Die Vorstellung einer festgelegten Trauerzeit setzt Trauernde unter Druck und lässt sie an sich zweifeln, wenn die Trauer länger anhält – was völlig normal ist.
“Wenn ich glücklich bin, verrate ich den Verstorbenen.” Dieser Gedanke kann Menschen davon abhalten, wieder Freude am Leben zu finden, obwohl gerade das oft im Sinne der verstorbenen Person gewesen wäre.
Woher kommen diese Glaubenssätze?
Unsere Überzeugungen über Trauer stammen aus verschiedenen Quellen: aus unserer Kindheit und Herkunftsfamilie, aus kulturellen und religiösen Prägungen, aus gesellschaftlichen Erwartungen und aus früheren eigenen Erfahrungen mit Verlust. Oft haben wir als Kinder beobachtet, wie Erwachsene mit Trauer umgegangen sind, und diese Muster übernommen – ohne sie je zu hinterfragen.
 
Hilfreiche Erkenntnisse
Der erste Schritt ist das Bewusstmachen: Welche inneren Überzeugungen trage ich mit mir? Achten Sie auf Gedanken, die mit “Ich muss…”, “Ich sollte…” oder “Ich darf nicht…” beginnen. Diese sind oft Hinweise auf hinderliche Glaubenssätze.
Dann kommt das Hinterfragen: Wer sagt das eigentlich? Stimmt das wirklich? Hilft mir dieser Gedanke oder macht er mir das Leben schwerer?
Schließlich das Umformulieren: Aus “Ich muss stark sein” kann werden “Ich darf verletzlich sein und um Hilfe bitten”. Aus “Ich sollte längst darüber hinweg sein” wird “Ich nehme mir die Zeit, die ich brauche”.
Gemeinsam leichter
In der Trauergruppe erleben viele Teilnehmende, wie befreiend es ist, ihre Glaubenssätze auszusprechen und zu erkennen, dass andere ganz ähnliche innere Stimmen kennen. Im geschützten Rahmen der Gruppe können wir diese Überzeugungen gemeinsam hinterfragen und neue, hilfreichere Perspektiven entwickeln.
Die Trauergruppe wird gemacht von der Netzwerkkirche Korschenbroich, den katholischen Gemeinden im Osten Mönchengladbachs und der dortigen evangelischen Kirche. Mittlerweile ist die Gruppe geschlossen. Die kommende Gruppe startet im September 2026.